Andrei Nekrasov

Im Rahmen der ersten deutsch-russischen Friedenstage waren am Samstag, den 23.11.2019 der Regisseur und Grimme-Preisträger Andrei Nekrasov und seine Kollegin Vetta Kirillova bei uns zu Gast.
In der Villa Ichon zeigten sie vor einem interessierten Publikum im voll besetzten Saal ihren Film „Akte Magnitski – Hinter den Kulissen“.

Sergei Magnitski war ein russischer Steuerberater, der wegen seiner Verwicklung in mutmaßliche Steuerhinterziehung des Hedgefond-Managers Bill Browder 2008 in Moskau in Untersuchungshaft kam, wo er ein Jahr später unter dramatischen Umständen verstarb.

Bill Browder liefert der Öffentlichkeit eine Geschichte, die man im Westen nur zu gerne glaubt. Magnitski hätte in Wahrheit einen gigantischen, 230 Millionen Dollar schweren Steuerbetrug durch russische Beamte aufgedeckt und sei deshalb verhaftet worden. Da er auch trotz Folter standhaft bleibt sei, sei er schließlich im Gefängnis ermordet worden. Browder beschreibt Magnitski als Held im Kampf gegen die Korruption in Russland. Seine intensive Lobbyarbeit führt schließlich dazu, dass 2012 der US-Komgress den sog. „Magnitsky Act“ verabschiedet, die Grundlage für eine der ersten Sanktionen gegen Russland.

Der ausgewiesene Putin-Kritiker Andrei Nekrasov beginnt u.a. im Auftrag von ZDF und ARTE einen ursprünglich als Dokudrama konzipierten Film über Sergei Magnitski. Doch während der Arbeit tauchen Widersprüche auf und nach intensiver Recherche entsteht langsam ein ganz anderes Bild der Vorkommnisse. Dieser Erkenntnisprozess wird in dem Film dokumentiert.

Browders Geschichte wird durch den Film erheblich in Frage gestellt. Magnitski ist unter tragischen Umständen ums Leben gekommen, aber – so der Film – weder wurde er ermordet noch ist er ein Held im Kampf gegen die Korruption in Russland.
Am Ende des Films stellt sich die Frage, ob Browders Geschichte mit ihrem großen Einfluss im US-Kongress und im EU-Parlament nichts anderes ist als ein großer Bluff.

In der anschließenden Diskussion schilderte Nekrasov die Umstände und die Reaktionen auf den Film. (Der interessierte Leser findet eine ausführliche Darstellung von Nekrasov und Kirillova hier.) Nachdem der Film technisch und redaktionell abgenommen war, sollte er am 27. April 2016 im EU-Parlament vorgeführt und dann am 3. Mai 2016, dem Tag der Pressefreheit(!), auf ARTE ausgestrahlt werden. Auf Betreiben von Browder sowie der Politikerin Marieluise Beck wurde die Vorstellung im EU-Parlament in letzter Minute verhindert. Auch die Ausstrahlung auf ARTE wurde daraufhin gestrichen.

Seitdem wird der Film zumindest der deutschen Öffentlichkeit systematisch vorenthalten, obwohl er mit den GEZ-Gebühren eben dieser Öffentlichkeit produziert wurde.
Im nicht-deutschsprachigen Ausland (z.B. Dänemark oder Norwegen) kann man den Film gegen kleines Geld online anschauen. Nicht dagegen in Deutschland!

Ein Zuhörer machte darauf aufmerksam, dass es das Instrument der Programmbeschwerde gibt, um das ZDF auf den Missstand aufmerksam zu machen und die Ausstrahlung des Filmes einzufordern. Eine erste solche Beschwerde ist mittlerweile eingereicht worden.

Schon im Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vom 27.8.2019 konnte man gerichtlich bestätigt sehen, dass die von Browder verbreitete Geschichte nicht stimmt (s. auch http://magnitskyact.com/nhc). Just am Tag unserer Vorführung zog auch der SPIEGEL mit einem ausführlichen Artikel  nach und fragte „Ist der Westen einem Blender aufgesessen?“ Leider befindet sich der Artikel hinter einer Bezahlschranke. (Eine englische Version ist frei zugänglich).

Der Film ist Aufklärung im besten Sinne, indem der Regisseur entgegen seines ursprünglichen Vorurteils die Fakten hinter dem Magnitski-Fall bloßlegt. Es ist dem Film zu wünschen, dass auch unsere öffentlich-rechtlichen Medien sich auf ihren Auftrag und auf die Tradition der Aufklärung besinnen und den Film der deutschen Öffentlichkeit präsentieren.

Nach der Diskussion wurden Andrei Nekrasov und Vetta Kirillova mit großem Beifall verabschiedet.

Nachtrag 1. Dez. 2019: Im Nachgang der Veranstaltung gab der Regisseur ein Interview, das jetzt auf Weltnetz TV veröffentlicht wurde.