Szenische Lesung in der Wilhelm-Kaisen-Oberschule Bremen

Viele Menschen in Deutschland wissen nicht, welchen verbrecherischen Vernichtungskrieg Deutschland 1941 bis 1945 in der Sowjetunion geführt hat. Er kostete 27 Millionen Menschen in der Sowjetunion das Leben, darunter 18 Millionen Zivilisten. Die Genfer Konvention wurde dabei außer Kraft gesetzt. 3 Millionen Kriegsgefangene ließ man durch Erschießungen, Hunger und Schwerstarbeit zu Tode kommen.

Mit ihrer szenischen Lesung „Über Flintenweiber und Untermenschen“ ließen Martin Heckmann und Kathrin Steinweg diese schwere Zeit für ihr Publikum lebendig werden. Texte aus Briefen ehemaliger sowjetischer Kriegsgefangener, amtliche Schreiben der Bremer Baubehörde, die während der Nazizeit für die Lager der Kriegsgefangenen zuständig war, Befehle von Nazigenerälen und Ausschnitte aus Werken des weißrussischen Schriftstellers Wassil Bykau – all dies formte sich zu einer lebendigen Collage und zog die Besucher der Lesung in ihren Bann. Besonders bewegend war der Kontrast zwischen den rassistischen Positionen und brutalen Handlungen deutscher Militärs und Verwaltungsbeamter und den persönlichen Schilderungen ehemaliger sowjetischer Kriegsgefangener.

Letztere bedankten sich zum Teil überschwänglich für eine kleine Zuwendung des deutschen Vereins „KONTAKTE – KONTAKTbI e.V.“. Der Verein sammelt private Gelder, um in Not lebenden Opfern deutscher Verbrechen ein Zeichen der Solidarität zu geben und ihrem erlittenen Unrecht Beachtung zu schenken. Auf Bitten des Vereins hatten die ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen ihre bitteren Erfahrungen zu Papier gebracht.

Einen aktuellen Bezug bekam die Lesung durch das gegen Russland angelaufene Großmanöver „Defender Europe 2020“ der USA zusammen mit 15 weiteren NATO-Staaten, darunter auch Deutschland, sowie Finnland und Georgien mit insgesamt 37 000 Soldatinnen und Soldaten.

Die Lesung fand im Rahmen der Deutsch-Russischen Friedenstage statt. Der Schulleiter der Wilhelm-Kaisen-Oberschule, Oliver Seipke, begrüßte die Gäste im Namen des Hauses, Gudrun Leuschner im Namen des Vereins „Deutsch-Russische Friedenstage Bremen“ und Horst Otto im Namen des Mitveranstalters „Denkorte Neustadt“.

Im Anschluss an die Lesung wurden noch zahlreiche Gespräche geführt.

Text und Fotos: Hartmut Drewes