Claudia Haydt (IMI) spricht zum Manöver „Defender 2020“

Im überfüllten Tivoli-Saal des DGB-Hauses in Bremen sprach Claudia Haydt im Rahmen der zweiten Deutsch-Russischen Friedenstage in Bremen zum Thema: „Warum das Großmanöver der USA ‚Defender Europe 2020‘ den Wunsch nach Frieden und guter Nachbarschaft mit Russland boykottiert?“ Claudia Haydt, die u. a. in der „Informationsstelle Militarisierung e.V. (IMI) in Tübingen arbeitet, beschrieb Umfang und Zielrichtung des Großmanövers und deren mögliche Folgen. Es ist Teil der imperialen Politik nicht nur der USA, sondern auch der Europäischen Union (EU), die zunehmend Einflusszonen sowohl in Afrika als auch in Asien und auf Teile Russlands geltend macht.

Das Manöver „Defender 2020“, das sich in „Defender Europe“ und „Defender Pacific“ aufteilt, wird sich in den folgenden Jahren fortsetzen. Im kommenden Jahr soll das für Asien geplante Manöver das größere sein. Mit diesen Großmanövern sind mehrere Nebenmanöver verbunden, u.a. „Saber Strike“ und „Combined Defence“. Deshalb beteiligen sich die USA nicht nur mit 20.000 Soldatinnen und Soldaten, sondern zusätzlich mit 7.000 bis 8.000 Mitgliedern der US-Nationalgarde. Auch zu den 1.750 teilnehmenden Bundeswehrangehörigen kommen etwa weitere 500 hinzu. Für das Manöver werden 33.000 Ladungsstücke der US-Army von den europäischen Häfen über 4.000 Kilometer bis an die Grenzen Russlands befördert. Dies geschieht per Bahn, auf Straßen, auf Wasserwegen und über den Luftweg. Diese Beförderung hat im Januar begonnen und wird wahrscheinlich erst im September mit dem Rücktransport beendet sein. Im Zuge der Manöver hat die EU ein teures Programm zur Verbesserung der militärischen Infrastruktur beschlossen, z.B. für die Panzertauglichkeit von Brücken.

Deutschland spielt eine entscheidende Rolle für die Logistik von „Defender Europe“, da dieses Land für diese Kriegsübung die Drehscheibe bildet.

Die USA sparen bei dem Manöver ihre Ressourcen, indem sie die EU sehr stark belasten. Die Bundeswehr muss für bestimmte Maßnahmen Privatfirmen beauftragen und wird dafür die Kosten tragen müssen.

Getestet werden soll bei „Defender Europe 2020“ das Überwachungs- und Leitsystem TITAN, in dem Unmengen an Daten gesammelt sind. Mit ihm sollen militärisch lohnende Ziele gefunden werden. Alle Waffengattungen sind in dieses System einbezogen.

Nach westlichen Aussagen soll das Manöver „den Frieden durch Stärke wahren“, „Abschreckung der Feinde sein“, „Stärke gegen Russland und China zeigen“. Dem widersprach Haydt: „Wir brauchen Abrüstung, keine Aufrüstung.“ Militärische Stärke und militärische Aktionen haben nach ihren Ausführungen noch nie Frieden gebracht. Diplomatie ist notwendig. „Frieden bekommt man nur, wenn man redet, redet, redet… Selbst wenn die Waffen nie zum Einsatz kommen“, so Haydt, „tragen solche Großmanöver zu einer wesentlichen Verschlechterung der Umwelt und des Klimas bei und horrende Summen.“ Und weiter: „Wer mit solchen Großmanövern wiederholt droht, der provoziert Antworten. Und die können zum Krieg führen.“

Zum Abschluss ihres Vortrags stellte Claudia Haydt drei Punkte aus ihrem „Gebotskatalog für den Frieden“ vor:
eine Chance für die Diplomatie, das Berücksichtigen der Interessen des jeweils anderen, um zu Abkommen und Vertrauensbildung zu kommen, und das Überwinden von Feindbildern.

Die über hundert Zuhörerinnen und Zuhörer dankten der Referentin mit starkem Beifall und sorgten für eine lange Diskussion. Barbara Heller, Sprecherin des Bremer Friedensforums, moderierte die Veranstaltung und machte auf die kommenden Proteste aufmerksam, deren norddeutscher Höhepunkt wahrscheinlich am 9. Mai in Bergen-Belsen sein wird.

Text und Fotos: Hartmut Drewes