Foto: Jens Lohse
Hartmut Drewes, Pastor i.R. und Mitglied des Vereins „Deutsch-Russische-Friedenstage“ wirkte am Volkstrauertag am 17. November 2019 im Bittgottesdienst für den Frieden in der Simon-Petrus-Kirche in Bremen-Habenhausen mit und sagte u.a. zum Thema „Sorgen um den Frieden“:
„Ich kann mich noch an das letzte Kriegsjahr 1944/45 erinnern. Ich war 5/6 Jahre alt, wurde nachts, wenn Bombenalarm war, aus dem Schlaf gerissen und von den Eltern und meinem älteren Bruder zusammen mit meinem jüngeren Bruder im Eiltempo zum Luftschutzkeller gebracht, der etwa ein Kilometer entfernt war.
Ich hatte damals keine Angst vor den Bomben. Da meine Eltern und Brüder dabei waren, hatte ich das Gefühl, es könne mir nichts passieren. Aber: Ich hatte Angst vor den Russen. Ich hatte bis dahin nie einen Russen kennengelernt, aber mein kleines Köpfchen war schon mit Angst vor Russen vollgestopft, die offensichtlich furchtbar brutal und gefährlich waren. Wir wohnten an einem großen Exerzierplatz, auf der anderen Seite stand eine Kaserne. Und ich fragte meinen acht Jahre älteren Bruder: Beschützen uns die Soldaten, wenn die Russen kommen?
Erst 27 Jahre später sah ich die ersten Russen auf einer Friedenskonferenz und noch einige Jahre später betrat ich zum ersten Mal russischen Boden und erfuhr eine beschämende Gastfreundschaft, Liebe und Versöhnungsbereitschaft, sowohl in der Russisch-Orthodoxen Kirche wie auch bei den Baptisten und anderswo. Und jetzt? Es wird von politischer und medialer Seite wieder ein altes Feindbild erneuert, nicht nur mit Worten. Nein: Nur 150 Kilometer von St. Petersburg entfernt stehen schon wieder schwerbewaffnet deutsche Soldaten – 1941 bis 1944 hatte die deutsche Wehrmacht diese Stadt, damals Leningrad, eingekesselt, was einer Million Einwohner den Tod brachte, besonders durch Hunger –
und nächstes Jahr? Es wird mit 37.000 Soldaten ein NATO-Manöver gegen Russland durchgeführt. Das beunruhigt mich.“